Klausurtagung des Senats vom 8. Januar 2015

Zusammenfassung der Ergebnisse

Der Senat hat auf einer Klausur die Weichen für die nächsten zwei Jahre der Legislaturperiode gestellt:

Mehr Investitionen im Konsolidierungskurs
Der Senat wird in den Jahren 2015 und 2016 mehr private und öffentliche Investitionen für die wachsende Stadt mobilisieren und zugleich einen Haushaltsplanentwurf 2016/ 2017 ohne Neuverschuldung vorlegen.
Der Senat wird einen Vorschlag unterbreiten, wie das Sondervermögen „Infrastruktur der wachsenden Stadt“ im Jahr 2015 aus dem hälftigen Finanzierungsüberschuss des Jahres 2014 in Höhe von 413 Mio. Euro ausgestattet werden kann und wie die Mittel verwendet werden sollen. Die Mittel sollen vorrangig in die Schulen, Bäder, den Wohnungsbau, Sportstätten und den Krankenhäusern investiert werden.
Der Bund hat die Finanzierung des BAföG übernommen. Die daraus resultierende Haushaltsentlastung von 66 Mio. Euro pro Jahr wird für die Hochschul- und Bildungsfinanzierung verwendet: Ein Drittel für die Mehrkosten im Hochschul- und Schulbereich und zwei Drittel für bauliche Maßnahmen an den Hochschulen (32 Mio. Euro) und Schulen (12 Mio. Euro v.a. für die Ertüchtigung von Schultoiletten).
(Im Haushalt 2016/ 2017 wird der Senat ein „Schultoilettensanierungsprogramm“ verankern.)

Die Gewinnung von Wagniskapital für Berliner Unternehmen sowie Gründerinnen und Gründer ist ein wichtiger Baustein der wirtschaftlichen Förderung. Der Senat wird deshalb entsprechend seiner Initiative in der Wirtschaftsministerkonferenz verbesserte Anreize für die Bereitstellung von Wagniskapital im Rahmen einer Bundesratsinitiative unterstützen.

Beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur setzt der Senat vorrangig auf die Fertigstellung des BER bis 2017 und seine Erweiterung, den Bau der U5, den Bau der Tangentialverbindung Ost sowie den Bau des 16. Bauabschnitts der A100 und forciert den Planungsfortschritt beim 17. Bauabschnitt.
Um die Vergabe öffentlicher Aufträge zu entbürokratisieren, hat der Senat hat sich auf eine Initiative zur Vereinfachung des Vergaberechts verständigt. Es wird eine Clearingstelle zur Gewährleistung innovativer Vergaben eingerichtet, Formulare und Unterschriftenerfordernisse bei öffentlichen Aufträgen reduziert, die elektronische Vergabe ausgebaut und Jahreszeitverträge für Bauunterhaltungsmaßnahmen eingeführt. Der Senat wird über eine differenzierte Erhöhung von Wertgrenzen bei Ausschreibungen und Vergaben kurzfristig eine Einigung herbeiführen.

Wohnungsbau, Mietenpolitik, Liegenschaftspolitik
Der Senat wird für die vereinbarte Errichtung des Wohnraums für 5.000 Studierende einen abgestimmten Fahrplan vorlegen. Neben Wohnungsbaugesellschaften und dem Studentenwerk erhält die berlinovo den Auftrag 2.500 neue studentische Wohnungen zu errichten.
Der Senat wird die Gespräche mit der Bundesregierung zum Kauf der als Mietwohnungen genutzten Bundesimmobilien in Berlin erfolgreich abschließen. Als Ergänzung der bisherigen Maßnahmen zum Wohnungsbau und der Mietpreisbremsen wird der Senat eine Umwandlungsverbotsverordnung erlassen.

2 Der wachsende Wirtschaftsstandort braucht eine Liegenschaftspolitik, die zügig Flächen für Gewerbe und Industrie bereitstellt.
Die neue Liegenschaftspolitik dient auch und gerade der Schaffung von künstlerischen Produktionsorten durch Akquise und Herrichtung von Landesliegenschaften sowie Freiräumen. Daher wird zur Sicherung von Kulturorten die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten im Portfolioausschuss vertreten sein.

Berlin für Olympia!
Als Stadt der „Reformolympiade“ will Berlin weltoffene, nachhaltige und bescheidene Spiele veranstalten, an deren Planung und Umsetzung die Stadtgesellschaft beteiligt wird. Der Senat wird am 20. Januar ein „Olympia-Volksbefragungsgesetz“ vorlegen, das ein verbindliches Bürgervotum mit politischen Selbstverpflichtungen ermöglicht.
Zudem wird der Senat

 in den kommenden zehn Jahren einen echten Investitionsschwerpunkt auf den Ausbau und die Sanierung von Sportstätten legen und dafür einen „Olympiaplan schulische Sportstätten“ zum Aufbau hervorragender Trainingsstätten erstellen;

 die Realisierung des Olympischen und Paralympischen Dorfes im Kurt-Schumacher-Quartier mit 5.000 Wohnungen für Berlin vorantreiben;

 vorsorglich eine Olympia-Bewerbungsgesellschaft als Tochter der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH gründen;

 Haushaltsvorsorge für anfallende Bewerbungskosten treffen.
Neue Wege in der Personalpolitik
Der Senat verfolgt eine Strategie der bedarfsgerechten Personalausstattung und der Konsolidierung. Er ist sich der Tatsache bewusst, dass sich die Stadt rasant weiterentwickelt und die Bevölkerung wächst. Vor diesem Hintergrund ist die Personalpolitik zu definieren. Stellenmehrbedarfe, die auf die steigende Bevölkerungszahl Berlins und/oder zusätzliche Aufgaben zurückzuführen sind, werden anerkannt, sofern sie nachvollziehbar und auf die jeweiligen Aufgaben bezogen begründet sind. So wurden bereits 295 neue Stellen in den Bezirken, 1.400 neue Stellen in den Schulen, 380 neue Stellen bei der Polizei und im polizeinahen Vollzugsdienst sowie der Übernahme von Nachwuchskräften (rd. 440) bewilligt. Damit beträgt der anerkannte Personalbedarf schon heute 103.100 VZÄ. Zur Fortschreibung seines Personalentwicklungskonzepts hat der Senat u.a. folgende Eckpunkte vereinbart:

 Bereiche der Wachsenden Stadt werden mit zusätzlichen Stellen ausgestattet. Dies sind u.a. 31 neue Stellen in den bezirklichen Bürgerämtern und 59 Stellen für die Transferkostensteuerung in den Sozialämtern (2014/ 15). Zudem sind die Elterngeldstellen bedarfsorientiert auszustatten, die Kapazität der bezirklichen Ordnungs- und Bauämter zu verbessern sowie neue Stellen für Polizei und Feuerwehr ab 2016 zu schaffen.

 Die Einstellungszahlen bei den beamteten Nachwuchskräften des allgemeinen nichttechnischen Verwaltungsdienstes werden erhöht und die Ansätze für Ausbildungsmittel erhöht (derzeit 110 Mio. Euro p.a.).

 Eine Übernahmegarantie für alle Auszubildenden des Verwaltungsdienstes und des Justizvollzugs

 Bedarfsgerechte Nutzung der im Rahmen der erfolgten Laufbahnrechtsreform geschaffenen Möglichkeiten zur Öffnung von Laufbahnen im technischen und nichttechnischen

3 Verwaltungsdienst sowie eine Prüfung zum Haushaltsplanentwurf 2016/ 2017, ob weitere Laufbahnrechtsreformen zur Deckung des Personalbedarfs in diesen Bereichen erforderlich sind

 Stärkung der Nachwuchs- und Führungskräftequalifizierung u.a. durch die Verwaltungsakademie und Einrichtung eines „Leadership-Programms“

 Beschleunigung aller Einstellungsverfahren durch E-Recruiting und Entbürokratisierung der Verfahren

Darüber hinaus ist die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben, um trotz knapper personeller Ressourcen effektive Verwaltungsabläufe und eine bürgerfreundliche Verwaltung zu gewährleisten.

Aus Verantwortung für die Menschen
Der Senat hat Eckpunkte für ein Gesamtkonzept für die Versorgung- und Unterbringung von Flüchtlingen im Jahr 2015 beschlossen.
Dazu gehören zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten von ca. 5.000 Flüchtlingen im Jahr 2015 durch

 Machbarkeitsstudien und Planungen für die Ertüchtigung landeseigener Liegenschaften,

 Neubauten und Schaffung modularer Wohneinheiten auf landeseigenen
Grundstücken,

 kurzfristige Prüfung der Möglichkeit, die Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudien sowie Bauvorhaben durch die berlinovo durchführen zu lassen.

Zum Gesamtkonzept gehört ebenso eine gute Versorgung, Integration und Betreuung durch

 rechtzeitige Information und Einbindung von Bezirksämtern und Bürgerinnen und Bürgern bei Neu- und Ausbau von Flüchtlingseinrichtungen (u.a. ständiger Tagesordnungspunkt im Rat der Bürgermeister, wöchentlicher Newsletter an die Bezirksämter), Prüfung der Einrichtung eines zentralen Datenpools,

 schulische Versorgung in einrichtungsnahen Schulen unter Berücksichtigung erhöhter baulichen und personeller Bedürfnisse; spezifische Qualifikationsangebote für Lehrkräfte und Erzieher/innen, ebenso bei der Versorgung mit Kita-Plätzen,

 Anbindung an den ÖPNV,

 Sicherstellung der notwendigen gesundheitlichen Untersuchungen auch und insbesondere von Kindern und Jugendlichen einschließlich der Impfungen (z.B. durch mobile medizinische Teams),

 Verstärkung der Bemühungen, Flüchtlingen die Unterbringung in Wohnungen zu ermöglichen; Stärkung der Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft,

 Unterstützung bei der Integration in Ausbildung und Arbeitsmarkt, u.a. durch Unterstützung bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen und der Erwerbsmöglichkeiten von Flüchtlingen (u.a. durch die Erweiterung des Projekts
„Arrivo“),

 Ausbau der Angebote zum Spracherwerb,

 Unterstützung von Initiativen des bürgerschaftlichen Engagements für Flüchtlinge im Umfeld von Flüchtlingseinrichtungen,

 Verstärkung der Sportangebote für Flüchtlingskinder,

 gezielte Beratungs- und Betreuungsangebote für traumatisierte Jugendliche,

 Koordinations- und Netzwerkstellen in den Bezirken sowie

 Einrichtung von spezifischen Integrationslotsen vor Ort.
Parallel zur Schaffung der bundesrechtlichen Voraussetzungen sind Gespräche mit dem Land Brandenburg zur Aufnahme von Flüchtlingen gegen Kostenerstattung zu beginnen, um die möglichen

4 Rahmenbedingungen zu klären. Dies soll auch Gegenstand der gemeinsamen Kabinettsitzung der Länder Berlin und Brandenburg sein.
Rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber/ innen werden in sichere Herkunftsländer abgeschoben.

Besser Leben
Der Senat unterstützt junge Menschen und Familien in ihren konkreten Lebenslagen. Er wird deshalb

 die Anzahl der Kitaplätze bedarfsgerecht um weitere 10.000 Plätze erhöhen;

 ein Gesamtkonzept „Alleinerziehende unterstützen“ vorlegen;

 die Früheinschulung zum Schuljahr 2016/ 2017 entbürokratisieren und die Rückstellung von der Einschulung auf Wunsch der Eltern künftig ohne weiteren Prüfvorgang gestatten sowie

 eine Änderung des Schulgesetzes zur Flexibilisierung der Früheinschulung in dieser Legislaturperiode vorlegen. Danach werden alle Kinder schulpflichtig, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder bis zum 30. September des Jahres vollenden werden. Auf Wunsch der Eltern können Kinder, die in der Zeit vom 01. Oktober bis 31. März das sechste Lebensjahr vollenden, in die Schule aufgenommen werden, soweit kein Sprachförderbedarf besteht. Dies wird ab dem Schuljahr 2017/ 2018 eingeführt.

 den wachstumsbedingten Mehrbedarf an Integrationsstunden für den sonderpädagogischen Förderbedarf an Schulen ausgleichen;

 keinen Jugendlichen zurücklassen und die Einrichtung der Jugendberufsagentur mit Hochdruck umsetzen;

 das Programm der Integrationslotsen und Stadtteilmütter dauerhaft aus dem Haushalt finanzieren;

 ein reformiertes Hilfesystem im Antigewaltbereich vorlegen (u.a. Frauenhäuser);

 das Schulgeld für die Ausbildung von Pflegekräften sowie Erzieherinnen und Erzieher auf dem Niveau von 2014 übernehmen;

 junge Menschen durch Schaffung einer Internetplattform stärker an Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse beteiligen.

500 Jahre Reformation
Zum Reformationsjubiläum 2017 wird der Senat die Ausrichtung des evangelischen Kirchentages in Berlin unterstützen und den Reformationstag zum einmaligen gesetzlichen Feiertag bestimmen.

Senat vor Ort
Berlin ist eine Stadt der vielfältigen Kieze. Der Senat wird – beginnend mit dem März 2015 – in jedem Bezirk eine Senatssitzung abhalten